Ancora una sorpresa

Es wäre schon fast eine Enttäuschung gewesen, wenn nicht auch der letzte Tag meiner diesjährigen Tour mindestens noch eine Überraschung für mich bereit gehalten hätte.
Als ich mich am Donnerstagmorgen um acht nichts ahnend an die Frühstückstafel des Klosters begeben wollte, stand plötzlich und unerwartet – 150 Kilometer fern der Heimat – eine Arbeitskollegin vor mir.
Wir begrüßten uns herzlich, tauschten unsere Reisepläne und -erlebnisse aus, und verabschiedeten uns ebenso herzlich, bevor ich mich mit großem Appetit für die letzte Reiseetappe meiner diesjährigen Vespatour präparierte.

Pünktlich um 09.00 Uhr startete ich durch den Pfälzer Wald in Richtung Rheinhessen, wo ich für Gianna und mich noch einmal eine kleine Bootspartie (Rheinfähre von Bingen nach Rüdesheim) vorgesehen hatte.
Etwas unerwartet war es zu dieser frühen Tageszeit noch recht frisch, da ein Großteil der Fahrtstrecke (B 39) noch im landschaftlich schönen, aber äußerst schattigen Tal des Hochspeyerbachs lag, durch die zudem noch der Morgennebel zog. Und so fröstelte ich so vor mich hin, was auch nicht wirklich besser wurde, als ich nach einer halben Stunde die Burg Frankenstein passierte.

Burg Frankenstein in der Morgensonne

Gut 20 Minuten später war ich aber schon wieder hellwach und absolut auf Betriebstemperatur, als ich das kleine Örtchen Enkenbach-Alsenborn erreichte.
Bei jedem fußballhistorisch interessierten Passivsportler klingeln beim Stichwort „Alsenborn“ sofort die Alarmglöckchen.
Mitte bis Ende der 60er-Jahre spielte der SV Alsenborn, zeitweilig trainiert vom Ehrenspielführer der deutschen Fußballnationalmannschaft, Fritz Walter, eine führende Rolle in der Regionalliga Süd-west und klopfte dreimal (leider erfolglos) an das Tor zur Bundesliga. Fritz Walter ließ sich in Alsenborn nieder und erbaute dort ein repräsentatives Anwesen.

Gianna vor dem Fritz-Walter-Haus in Alsenborn

Das „Fritz-Walter-Haus“ ist heutzutage nur nach Voranmeldung und in Gruppen zu besichtigen. Ich ließ es mir nicht nicht nehmen, trotzdem vorzufahren um wenigstens von außen einmal einen Blick auf das Gelände werfen zu können.

Von Alsenborn ging’s dann im Sauseschritt über Bad Kreuznach (letzter Tankstopp) nach Bingen. Nach kurzer Wartezeit setzten wir wie geplant mit der Rheinfähre über und waren wieder im heimischen Hessen.

Das letzte Boarding – Auf der Rheinfähre nach Rüdesheim

Den Schlussakkord bildete schließlich die Strecke von Rüdesheim über Schlangenbad nach Bad Schwalbach und von dort durchs schöne Aartal zurück nach Limburg.

Bevor es in den nächsten Tagen zur allfälligen Hauptuntersuchung geht, steht jetzt wohl erstmal eine Neubereifung an (der Vorderreifen hat inzwischen beachtliche 17.000 Kilometer abgerollt!).

Aktueller Zählerstand am Ende der Reise

Meine Reisestatistik für 2016:

Bereiste Länder: Deutschland, Österreich, Italien, Korsika(!), Schweiz und Frankreich

Gefahrene Kilometer: 3.601 – Technische Probleme mit der Vespe: zum dritten Mal keine!

Spritverbrauch: 100,42 Liter, damit 2,79 Liter/100km

Una notte in convento

Ich gehe ins Kloster, wenn auch nur für eine Nacht. Diese Entscheidung fiel mir nach der gestrigen, eher beschwerlichen Zimmersuche leicht. Und so hatte ich noch gestern Abend für heute – meine letzte Nacht auf Reisen – ein Zimmer im Kloster in Neustadt an der Weinstraße gebucht.
Aber erstmal hinkommen, denn die von vorgeplante Reiseroute sah zwar – mit einer Ausnahme – keine besonderen Reisehighlights mehr vor, aber noch einmal waren über 350 Kilometer Tagesfahrleistung abzurufen.

Begonnen hat der heutige Tag mit einem Reinfall am Rheinfall. Ich hatte mich sehr auf das außergewöhnliche Naturschauspiel gefreut, und ein paar außergewöhnliche Schnappschüsse für das Fotoalbum waren fest einkalkuliert.
Dass es dann ganz anders kam, lag einfach daran, dass ich zur falschen Zeit am richtigen Ort war. Morgens zwischen 9.00 und 10.00 steht die Sonne so ungünstig am Himmel, dass sie bei einer Aufnahme von vorn, weil direkt über dem Rheinfall stehend, volles Gegenlicht mitliefert. Hier versagte auch Sonys Gegenlichtkorrektur kläglich und die entstandenen Fotos sind somit für die Tonne.

Der R(h)einfall im Gegenlicht

Trotzdem hatte ich meinen Spaß in den gut 30 Minuten, die ich vor Ort war, und in denen ich wenigstens ein paar Reisemitbringsel erwerben konnte.
Es war interessant zu beobachten, wie Bus um Bus mit asiatischen Touristen vorfuhr, seine Reiesegäste aus- und nach 10 Minuten wieder einlud, und verschwand – eine Art Zugvogelmentalität muss mal da wohl mitbringen.

Ich betankte die Vespe noch einmal und gab nun Gas und stand anderthalb Stunden später bereits in Freiburg. Von dort wechselte ich auf die linke Rheinseite und fuhr auf französischem Hohheitsgebiet am Rhein entlang gen Norden.
Die Strecke ist äußerst empfehlenswert, da sie sich insgesamt recht flott befahren lässt, und einerseits teilweise in schönen Waldabschnitten verläuft, andererseits aber an manchen Stellen das Rheinufer direkt daneben verläuft. Dies gab noch einmal ein paar schöne Aussichten und Fotomotive. Zum Teil recht ansehnlich wurde es auch kurz vor Strasbourg, wo der Randstreifen intensiv „gewerblich genutzt“ wird.

Das Rheinufer auf der französischen Rheinseite bei Marckolsheim

Hier empfiehlt es sich aber, die Konzentration dem eigentlichen „Verkehrsgeschehen“ zuzuwenden, so bleibt man sicher länger gesund.

Gegen 17.00 Uhr erreichte ich wohlbehalten das Kloster und widmete mich meinen Exerzitien, in erster Linie dem Bloggen.
Das Kloster in Neustadt an der Weinstraße bietet günstige Übernachtungsmöglichkeiten in sauberen und zweckmäßig ausgestatten Zimmern. Auch wenn das Interieur in den Nasszellen zum Teil den Zeitgeist der Siebziger Jahre widerspiegelt, ist eine Übernachtung hier dringend empfehlenswert.

Der Charme der Siebziger Jahre (Nasszelle im Kloster)

Zumal sich von hieraus die meisten lohnenswerten Ausflugsziele des Pfälzer Waldes recht flott erreichen lassen. Die Sehenswürdigkeiten von Neustadt an der Weinstraße habe ich mir für dieses Mal erspart, mein Akku war aufgrund der Fahrtzeiten der letzten Tage einfach leer.

Il giorno più lungo

Die zeitaufwendigste Reiseetappe (etwas über 12 Stunden), dabei die längste Zeit im Sattel (knapp 9 Stunden), die größte Tagesfahrleistung (über 350 Kilometer) und eine ordentliche körperliche Beanspruchung (ca. 200 Höhenmeter auf eine Strecke von knapp 2 Kilometern Fußweg auf Kopfsteinpflaster) – der 12. Reisetag kam mir nicht nur wie der längste Tag vor, er war es auch.

Nachdem am Vortag sämtliche geplante Badefreuden der Badewasserhygiene zum Opfer gefallen waren, hatte ich mir vorgenommen, der Empfehlung meines Gastgebers zu folgen, und den Sacro Monte di Varese – seit 2003 ein Weltkulturerbe der UNESCO – zu besichtigen, bevor ich meine Reise vespazierend fortsetzen würde.

Hier beginnt der Aufstieg auf den Sacro Monte di Varese

Zugegeben, ich hatte mich nicht wirklich vorbereitet, geschweige belesen darüber, was mich dort erwarten würde, sondern lediglich eine gute Stunde Aufenthalt (Vorfahren – Wegfahren – Glücklichsein!) auf die Agenda gesetzt.
Mein Nachtlager im Rustichetto lag ja bereits in der Via Prima Cappella, und so erreichte ich eben diese bereits nach fünfminütiger Fahrtzeit, parkte die Vespe unmittelbar davor und machte mich auf in meinem „Bikeroutfit“ auf, den Sacro Monte zu erklimmen. Der ersten Kapelle folgte die zweite, dann die dritte und die vierte. Der mit Kopfsteinen gepflasterte Weg war mit meinen TCX-Stiefeln nur beschwerlich zu begehen, und allmählich kam die Sonne stärker durch. Die fünfte, sechste und siebte Kapelle lagen hinter mir und der Schweiß begann zu rinnen.

Es muss wohl ungefähr die zehnte Kapelle gewesen sein, an der ich dann ein größere Atem- und Trinkpause einlegte. Da ich zwischenzeitlich ein paar Passanten nach der Gesamtzahl der Kapellen befragt hatte (14 Stück), wusste ich, dass das Ziel in Schlagweite kam.

Das Ziel in Sichtweite – Die Wallfahrtskirche auf dem Sacro Monte

Nach knapp einer Stunde schließlich hatte ich die Parrochia Santa Maria del Monte erreicht und ließ mich – ein wenig erschöpft – neben die anderen Pilger auf die Bank sinken. Eine zehnminütige Andacht, ein stilles Gebet und ein angemessener Obolus in den Kirchenkasten, schon lief es sich bergab viel leichter und in der halben Zeit.

Mit einem frischen T-Shirt (das vorherige war „bagnato fradicio“) ging’s dann in flotter Fahrt Richtung Schweizer Grenze. Beim Grenzübertritt wurde ich wohl ein Opfer meines inzwischen beträchtlich gesprossenen Reisebarts und musste bei den italienischen Grenzern wieder einmal Topcase und Kulturtasche blank ziehen.
Es folgte ein kurzes Fachgespräch über die Vespa, wobei sich die Grenzer erstaunt zeigten, keine 300er vor sich stehen zu haben, alldieweil Gianna doch „una bomba“ sei. Ich bedankte mich für die wohlmeinenden Worte und machte mich – vorbei an den Granitbrüchen von Osogna – auf in Richtung alte Gotthard-Straße.

Die Granitbrüche von Osogna im Tessin

Die Gotthardstraße von Biasca nach Altdorf lässt sich auch mit einer kleinen Vespe angenehm fahren, bietet jede Menge schöne Ausblicke und auf der Passhöhe von 2.106 Metern einen schönen Rastpunkt für die Mittagspause. Mann und Maschine werden hier allerdings nicht sonderlich gefordert, da die Nationalstraße A2 doch recht großzügig ausgebaut ist. Mir war’s in diesem Fall ganz recht, hatte ich doch noch einige Tageskilometer vor mir.

Auffahrt auf den Gotthardpass

Kurz nach der halbstündigen Mittagspause auf dem Passo del san Gottardo musste ich bereits wieder aus dem Sattel steigen, ergab sich doch mit den Teufelsbrücken über die Reuss in der Schöllenenschlucht das nächste beindruckende Fotomotiv. Auch etliche Reisegruppen legen hier einen kurzen Stopp ein, um über die verschiedenen Wege (u. a. auch an der Eisenbahnbrücke entlang) die Brücken in beiden Richtungen zu queren.

Die Teufelsbrücke über die Schöllenenschlucht

Am Luzerner See und Zuger See entlang erreichte ich schließlich am späten Nachmittag Zürich. Mitten in der Rushhour quälte ich mich – trotz italienischem Fahrstil – mühsam in einer knappen Stunde durch den Großraum Zürich und landete bei bereits einsetzender Dunkelheit in Schaffhausen. Um eine Unterkunft hatte ich mich ausnahmsweise im Vorfeld nicht gekümmert, und das sollte nun zum Problem werden, da mehrere befragte Hotels und Pensionen bereits voll belegt waren.
Mit telefonischer Unterstützung meiner Frau (ich hatte leider vorübergehend kein Datennetz), die ein chinesisches Hotel in Grenznähe, aber bereits auf deutschem Hoheitsgebiet, für mich klar machte, fand ich doch noch ein adäquates Nachtlager.

Tian Fu – Gastfreundschaft und Gastronomie auf hohem Niveau

Nach einer nochmals halbstündigen Vollgasfahrt durch die Dunkelheit zu dem chinesischen Hotel-Restaurant stellte sich vor Ort heraus, dass auch dieses bereits voll belegt war. Doch die Hotelbetreiber gewährten mir in ihren eigenen, privaten Räumen Unterschlupf im Wohnzimmer auf einer Gästecouch. Ein Bonus, den man vermutlich nur dann erhält, wenn man mit einer Chinesin verheiratet ist!
Das hervorragende Essen im Tian-Fu (Klick!) rundete einen anstrengenden Tag dann doch noch perfekt für mich ab.

Il lago di Varese

Der heutige Tag ist aus Sicht des Bloggers schnell abgehandelt. Nach dem Frühstück in Lavagna die Vespe noch schnell voll getankt, und schon ging es ab in „Richtung Norden, und dann immer geradeaus“.
Vorbei an zahlreichen einsamen „Wächtern der Landstraße“, durchquerte ich die Lombardei in Richtung der Provinz Varese.

Die „einsamen Wächter der Landstraße“ sind auch aus der Ferne gut zu sehen.

Die gesamte Fahrt über freute ich mich auf ein erfrischendes Bad im Varesesee, hatte ich doch auf meinen beiden vorherigen Vespatouren das Glück gehabt, noch schöne Badestellen an den oberitalienischen Seen entdeckt zu haben.
Diesmal jedoch guckte ich tief in den Ofen. Nach einer langen und anstrengenden Fahrt am See angekommen, fragte ich zwei Passantinnen nach einer geeigneten Badestelle und erntete entsetzte Blicke und vehementes Kopfschütteln.
Nein, der See sei nicht sauber genug und es bestünde daher ein Badeverbot. Flexibel wie man auf Vespareisen nun mal sein muss, disponierte ich kurzentschlossen um, und fuhr zum ca. 20 Kilometer entfernten Lago Maggiore, um dort in die Fluten zu hüpfen.

Leider hieß es auch dort „außer Spesen nichts gewesen“, denn der mit drei EU-Sternen als exzellent ausgezeichnete Badestrand „Lido di Monvalle“ war nicht nur verschlammt und zentimeterdick mit Algen und Gemuschel übersäht, sondern „duftete“ auch dermaßen stark nach Fischkadavern, dass an Badefreuden nicht zu denken war.

Alles andere als ansprechend – Schlamm am Dreisternestrand von Monvalle

Umgehend trat ich die Heimfahrt in das von mir gebuchte Zimmer in einem Rustichetto an.
Eingecheckt hatte ich dort bereits anderthalb Stunden zuvor, und das war schon recht abenteuerlich. Empfangen wurde ich – in dessen Abwesenheit – von der 85-jährigen Mutter des Eigentümers des Rustichettos. Des Italienischen ja leidlich mächtig gelang mir eine halbstündige Konversation mit der blinden, alten Dame, die mich schnell in ihr Herz geschlossen hatte und sich etwas später am Abend mit Wangenküsschen von mir verabschiedete. Noch bis in den späten Abend hinein unterhielt ich mich mit meinem Gastgeber über Gott und die Welt – allerdings überwiegend auf Englisch, was mir zu fortgeschrittener Stunde auch wesentlich leichter fiel. Gegen Mitternacht trollte ich mich schließlich auf mein Nachtlager, nachdem ich noch reichlich Sightseeing-Tipps für den kommenden Tag erhalten hatte.

Ancora a bordo del traghetto

Früh um halb sechs war die Nacht wieder einmal zu Ende. Zwei Tassen Kaffee mussten erst einmal reichen. Dann wurde gepackt und gesattelt und ab ging’s zum Fährhafen in Richtung Bastia. Sonntagmorgens um diese Zeit war die Straße frei, anders als an den Wochentagen, an denen die kurze Strecke von Borgo nach Bastia wegen hohen Verkehrsaufkommens schon mal eine halbe Stunde Zeit oder mehr fressen kann.

Dass ich ohne Frühstück noch nicht richtig wach war, merkte ich erst daran, dass ich mich zunächst bei der falschen Fährlinie angestellt hatte. Sowohl Moby Lines, als auch Corsica Ferries fahren allerdings zeitgleich von Bastia nach Livorno, und so war der Fehler nach einer Ehrenrunde mit der Vespe um die Piers schnell behoben.
Durch mein Manöver hatte ich mir jedoch die erhöhte Aufmerksamkeit des französischen Sicherheitspersonals verdient, und so durfte ich das Topcase öffnen, die Moto-Detail-Tasche ebenfalls, und sogar der Kulturbeutel wurde zur Prüfung auserkoren. Nachdem sich die Rasierschaumdose dann aber doch nicht als Granate entpuppt hatte, durfte ich auch schnell wieder einpacken und boarden.

Ein letzter Blick auf Bastia – zugleich Beginn der Heimreise

An Bord ging’s schnell ans Oberdeck, der Liegestuhl wurde ausgeklappt und Richtung Sonnenaufgang ausgerichtet, und schon konnte es losgehen. Nach einer guten halben Stunde packte ich mein korsisches Frühstück („Flüssicerealien“, Käse und Weißbrot) aus und überbrückte die meiste Zeit der Überfahrt mit Musik hören und Sonne tanken. Die Ankunft in Livorno war verspätet, und erst um 13.00 Uhr war ich von Bord.

Ankunft im Hafen von Livorno

Das Tagesziel Lavagna lag nicht allzu fern (ca. 150 Kilometer), und so war ich optimistisch, noch ein, zwei Stündchen oder Meer im Selbigen verbringen zu können.
Die Fahrt vorbei an Viareggio und Carrara verlief unspektakulär, bis kurz hinter La Spezia wieder leichter Nieselregen einsetzte. Der hielt glücklicher Weise nicht lange an und bereits auf dem Passo del Bracco – mit seinen 615 Metern über NN eher ein „Pässchen“ – strahlte die Sonne mit dem Vespista wieder um die Wette.

Die „Passstation“ am Passo del Bracco hat ihre besten Zeiten lange hinter sich.

Kurz vor Sestri Levante passierte ich dann noch einmal eine Mondlandschaft – ein Waldbrand hatte hatte erst vor kurzem einen ganzen Hügel abgefackelt, und intensiv beißender Brandgeruch lag noch in der Luft. Von Sestri Levante ging es zügig weiter die Via Aurelia (SS 1) entlang bis Lavagna. Dort angekommen hüpfte ich unmittelbar nach dem Hotel-Check-in ins Wasser und tauchte in den nächsten zwei Stunden nur gelegentlich wieder auf.

Erholung pur – ein Bad in der Abenddämmerung am Strand von Lavagna

Den gastronomischen Schlusspunkt des Tages setzte ein klassisches italienisches Menü aus Salat, Pizza, Wasser und Wein.

La capitale antica

Corte, die im Landesinneren gelegene alte Hauptstadt Korsikas (dies war sie aber auch nur von 1755 bis 1769), war mein erstes Tagesziel auf meinem sonnabendlichen Dreieckskurs, der weiter über Aleria zurück nach Borgo führen sollte, und zwischendurch noch reichlich Badezeit an einem weiteren Strand an der Ostküste (Moriani-Plage) eingeplant hatte.

In Corte angekommen hat man es mit dem Zweirad leicht und kann kostenfrei sehr zentral unterhalb der Altstadt parken. Dies machte auch ein sardischer Lambretta-Club, der offensichtlich auf einer Wochenendtour war. Unter den gut gepflegten Oldies fand sich auch ein sehr schönes Gespann.
Durch die kleine Altstadt, mit ihren wenigen engen Gäßchen gelangt man schnell zur Zitadelle, jeder imposanten Burg, die über dem Altstadthügel thront. Der Eintritt ist nur mit einem verbundenen Museumsbesuch möglich, dies habe ich mir erspart.

Auf einem Felsensporn gelegen – Die Zitadelle von Corte

Gute Fotos von der Burg kann man von einem speziellen Aussichtspunkt schießen, der jedoch zeitweise so überlaufen zu sein scheint, dass man etwas Zeit und Geduld mitbringen muss, um in eine gute Schussposition zu kommen. Der Blick auf die Zitadelle und das Umland und die daraus folgenden Bilder sind dann allerdings bemerkenswert.

Will man sich jetzt nicht in eines der Restaurants zu Tisch begeben (den man nach ein paar Pietras wohlmöglich so schnell nicht mehr verlässt) fährt man am besten gleich weiter nach Aleria. Die Straße dorthin hatte ich um die Mittagszeit fast für mich alleine. In Aleria machte ich mich direkt auf zu den „site antiche“, eine Zeugnis der ersten Besiedlung Korsikas durch die Römer. Der Rundgang durch die Ruinen ist in einer halben Stunde erledigt gewesen, ebenso der Blick in das beigeordnete Museum, in dem auch Ausgrabungsfunde von Aleria gezeigt werden.

Die „site antiche“ von Aleria, eine Hinterlassenschaft der Römer

Nach soviel Kultur war dringend eine Erfrischung nötig und ich steuerte zielsicher den Moriani-Plage an. So beeindruckend wie in manchem Reiseberichten beschrieben, wirkte er auf mich dann doch nicht. Dennoch blieb ich knapp 2 Stunden, um anschließend den Tag in meiner Fewo bei lokalen Spezialitäten ausklingen zu lassen, schließlich musste ich das Reisegepäck für den nächsten Morgen am Abend bereits wieder schnüren.
Leider sind einem aufgrund der hohen Berge Korsikas die schönsten Sonnenuntergänge nur auf der westlichen Seite der Insel vergönnt. Diese tolle Naturschauspiel hatte ich mir aber bereits am Abend zuvor gegönnt.

Sonnenuntergang an der Westküste – Ein Naturschauspiel der besonderen Art

Und so ging es ohne Sonnenuntergang, aber weinselig in die Federn, aus denen es „mitten in der Nacht“ – bei ebenso schönem Sonnenaufgang – wieder herauszusteigen hieß.

Il Capo Corso

Halbzeit, die Hälfte meiner diesjährigen Tour liegt nun bereits hinter mir.
Für den Freitag hatte ich mir eine Rundfahrt um das Cap Corse vorgenommen. Hinsichtlich der Zwischenstopps hielt ich mich an die Empfehlungen der Kapumrundung unter http://www.korsika.com. Allerdings beschränkte ich mich während der gesamten Fahrt auf ein Pietra (= korsisches Bier), und das diente auch nur als Verdauungshilfe beim Mittagessen.
Ich startete nach einem reichhaltigen Frühstück mit Figatellu und Brocciu, sowie mehreren Tassen stark gesüßtem Kaffees zunächst nach Erbalunga, eine hübsche Kleinstadt mit engen Gäßchen, nur wenig nördlich von Bastia gelegen. Neben eines sehr ansehnlichen alten Festungsturmes, den man am besten von einer Felsengruppe, die nur mit etwas Geschick kletternd zu erreichen ist, von der Meeresseite aus fotografiert, gibt es hier tatsächlich ein kleines Restaurant mit einem Michelin-Stern.

Das pittoreske kleine Städtchen Erbalunga

Für’s Mittagessen war es noch zu früh, also ging es die Ostküste weiter hoch bis Macinaggio. Ab dort zieht sich die Straße landeinwärts und es wird hügelig. Bevor man die Westküste in der Nähe der Moulon Marttei erreicht, passiert man noch einen fantastischen Aussichtspunkt (point de vue) bei Rogliano von dem aus man einen tollen Blick auf das nördliche Ende Korsikas und die Ile de la Giraglia hat.
Schließlich lohnt sich auch ein Stopp an der Moulon Mattei. Nachdem man vom dortigen Parkplatz aus die paar Hundert Meter zur Mühle aufgestiegen ist, ergibt sich einer schöner Blick auf die Westküste des Kaps und vor allem auf das Fischerdorf Centuri, in dem man laut http://www.korsika.com vorzüglich Fisch und Meeresfrüchte speisen kann.

Moulon Mattei und ihre neuzeitlichen Schwestern

Zielsicher steuerte ich den Hafen von Centuri an und war verwundert, dass auch nach 14.00 Uhr noch einige Restaurants gebrochen voll waren. In einem Restaurant am Ende des Hafens, mit schönem Blick auf denselben, nahm ich Platz. Nach wenigen Minuten kam die Bedienung an meinen Tisch, doch statt meine Bestellung aufzunehmen, bat man mich höflich aber bestimmt, meinen Tisch zu verlassen (es war ein Tisch für 6 Personen) und wollte mich an einem „Katzentisch“ platzieren. Ich wies auf die ca. 80 % freien Plätze hin und bat sitzen bleiben zu dürfen. Der Wunsch wurde abschlägig beschieden, da es nicht „normal sei“ allein an einem großen Tisch sitzen zu wollen (was auch gar nicht mein Ansinnen war) und zudem jederzeit mit größeren Gästegruppen gerechnet würde.

Blick auf den malerischen Hafen von Centuri

Das überzeugte nachhaltig – ich stand auf … und ging, in dem Wissen, dass die große Zahl der freien Plätze gerade in diesem Restaurant sicher nicht Gott-gegeben war. Ich verzichtete nun auf die Fischmahlzeit, nahm eine korsische Pizza und das obligate Pietra in einer Pizzeria zu mir und setzte meine Fahrt anschließend zunächst ganz entspannt fort.
Immer die Küstenstraße entlang, vorbei an einem alten Asbesttagebau, ging die genußvolle Fahrt ums Kap flott voran.

Das ehemalige Asbestwerk bei Ogliastro

Die Entspannung hielt zunächst an, verlor sich aber zusehends, nachdem die Reservelampe meiner Vespe Tankbedarf anmeldete. Über geschlagene 60 Kilometer sollte nun keine Tankstelle mehr folgen, was ich zu diesem frühen Zeitpunkt allerdings noch nicht erahnen konnte.
Ich schaffte es dann aber doch nach Saint Florient, und fuhr – nachdem Tank gefüllt war – postwendend noch einmal zurück nach Albo und Nonza, um an einem der dortigen „schwarzen Strände“ noch einmal richtig abzubaden. Die fast schwarze Farbe der Strände ergibt sich durch die besonderen Kieselsteine, die aus einem besonderen Gestein (Serpentinit) bestehen.

Der schwarze Strand von Albo

Die Rückfahrt gegen halb Acht wurde dann zu einer kleinen Zitterpartie, weil es bei Dunkelheit und auf ein paar Hundert Höhenmetern zwisch Saint Florient und Bastia doch recht frisch geworden war.
Meine Wirtsleute brachten mich jedoch mit einem Glas Pietra und anschließend einem weiteren Glas korsischen Rotweins aus eigenem Anbau wieder auf die richtige Betriebstemperatur, so dass ich bald darauf in den wohlverdienten Schlaf fand.

Passagio a Corsica

Die Nacht in Livorno wurde kurz. Mehr als drei Stunden Schlaf waren nicht drin, denn vor Aufregung die Abfahrt der Fähre zu verpassen, war ich um vier Uhr schon wieder hellwach. Bis fünf Uhr nutzte ich die Zeit zum Bloggen, raffte dann meine sieben Sachen zusammen und belud die Vespe.
Wie am Vorabend vom Maitre d’Hotel vorgeschlagen, klingelte ich um kurz vor halb sechs nach dem Frühstück, doch es passierte nichts. Nachdem ich mir die Finger blutig geklingelt hatte, fuhr ich schließlich ohne Frühstück zum Hafen und durfte mich mit der Vespe ganz vorne Aufstellen.
Der vermeintliche Vorteil beim Boarding erwies sich später als Nachteil, denn dadurch, dass ich im obersten Parkdeck landete kam ich als einer der letzten wieder von Bord.

Was will man Meer? Nickerchen mit Seeblick!

Von der vierstündigen Überfahrt bekam ich nicht viel mit, denn nachdem ich einen Liegestuhl auf dem Sonnendeck bezogen hatte, schlief ich tatsächlich für anderthalb Stunden ein.
Auf Korsika gelandet eilte ich zum meiner Fewo in Borgo, ca. 20 Kilometer südlich von Bastia und leicht am Berg gelegen. Die Aussicht von dort in Richtung Meer war überragend. Meine sehr freundliche Vermieterin bot mir gleich allerlei Getränke und einen Imbiß an. Da die sie Italienisch sprach konnten wir uns gut verständigen und ich bekam gleich ein paar Tipps für die nächsten Tage. Statt der zunächst nur für eine Nacht gebuchten Fewo verlängerte ich schließlich gleich auf drei Tage und entschloss mich die Insel von hier aus zu erkunden.
Bei der nachmittäglichen Erkundung der näheren Umgebung konnte ich dann auch gleich die Folgen mehrerer Waldbrände entdecken.

Verbrannte Erde als Folge wiederkehrender Waldbrände auf Korsika

Kein Anblick, der die Urlaubsstimmung steigen lässt. Ich rollerte noch gut 30 Kilometer rund um den Lagunensee von Bigullia (südlich von Bastia) ab, und verbrachte den Rest des Tages in Furiani am Strand, wo ich endlich das erste Mal auf dieser Reise ins Meer hüpfen konnte.

Der Strand von Furiani, klein, aber fein!

Zum Abend hin deckte ich mich mit korsisches Spezialitäten ein und holte alsbald den in der Nacht zuvor verpassten Schlaf nach.

Che tempo fa oggi?

Die Frage nach der Zuverlässigkeit der Wettervorhersage beantwortete sich bereits beim ersten Fensterblick in Richtung Morgenhimmel. Alles grau in grau, das Wetter versprach erneut nichts Gutes, und es hielt Wort. Kaum in Richtung Forli gestartet, setze feinster Nieselregen ein, der mich bis kurz vor Florenz begleiten sollte.
Zunächst aber war es gar nicht so einfach aus Ravenna heraus zu kommen, denn die nächst gelegene Ausfallstraße war gesperrt und das Navi wollte mich beharrlich immer wieder in die ZTL-Zone Ravennas zurückführen.
Nach einer Viertelstunde war es dann doch gelungen, und nach weiteren 30 Minuten tankte ich in Forli noch einmal voll, bevor es über die SS 67 durch die Höhen des Appenin Richtung Florenz gehen sollte. Auf dem Passo del Muraglione herrschte in 907 Metern Höhe bereits schwer herbstliches Wetter und die regennassen und laubbedeckten Straßen luden zu ungewollten Rutschpartien ein.

Herbstliches Geläuf auf dem Passo del Muraglione

Nachdem mir zweimal das Hinterrad in Rutschen geriet, wurde ich deutlich langsamer, was dazu führte, dass ich schließlich erst gegen 13.00 Uhr Florenz erreichte. Nach intensivem Studium der dortigen Regularien der ZTL-Zone, umfuhr ich die Innenstadt in großem Bogen, um anschließend die Schnellstraße in Richtung Livorno aufzufahren. Bei Empoli ging’s wieder runter auf einen Abstecher in das kleine toskanische Dorf Vinci, um das dortige Museum zu Ehren Leonardo das Vincis zu besuchen.
Die 11 Euronen für das Eintrittsticket waren das Gebotene am Ende leider nicht wert, denn neben verschiedenen Reprints von Leonardos Zeichnungen waren zwar zahlreiche Modelle verschiedener Apparate und Maschinen zu sehen, die jedoch allesamt neuzeitlich waren.

Kein Bikersuit, sondern ein Tauchanzug nach Entwürfen von Maestro Leonardo

Wieder zurück auf der Schnellstraße ging es die letzten gut 60 Kilometer nach Livorno, wo sich die Suche nach dem gebuchten Hotel Houston („Houston, wir haben ein Problem!“) zunächst schwierig gestalten sollte. Ein unscheinbares Äußeres machte mehrere Ehrenrunden auf der Vespe erforderlich, bevor ich mein Nachtlager doch noch aufschlagen konnte.

Ein schmales Hotel für einen schmalen Geldbeutel

Nach dem Check-in in das Haus, was von innen durchaus den Charme eines Stundenhotels ausstrahlte, aber für eine kurze Nacht vor der Schiffspassage soeben noch zweckmäßig erscheint, ging’s nochmal kurz zum Hafen, um die Tickets für die Korsikapassage zu erwerben.
Im Anschluss gab’s das Abendmahl vom benachbarten Penny-Markt, und dann hieß es möglichst früh „Bubu zu machen“, denn um kurz nach fünf sollte die Nacht bereits wieder zu Ende sein.

Una corsa dura

„After the rain comes sun, after the sun comes rain again …“, so gab es Ende 90er Jahre auf die Ohren, als „Smoke City“ ihre „Underwater Love“ besangen. Dieser Song kam mir heute wieder in den Sinn, als ich zunächst bei strahlendem Sonnenschein in Grado startete, um dann knapp 50 Kilometer vor dem Tagesziel Ravenna erneut in einem Dauer-Nieselregen landete, der schließlich zu einem Sturmwind mit heftigen Böen anschwoll, und die Vespafahrt mal wieder zu einem überaus sinnlichen, aber auch anspruchsvollen Erlebnis machte.

Doch bevor ich mich dem Etappenziel Ravenna nähern sollte, stand die Passage von „La Serenissima“ (Venedig) und des Podeltas bevor. Venedig selbst war mir aus zeitlichen Gründen lediglich einen kurzen Tankstopp wert. In Campalto löschte ich den Durst der Vespe und fuhr schließlich auf einen Rutsch bis nach Chioggia durch.
In der ebenfalls auf Holzpfählen errichtete Stadt im Süden der Lagune von Venedig gönnte ich mir eine längere Mittagspause und einen kleinen Imbiß, bevor ich mich in den Parco regionale del Delta del Po aufmachte.
In der Nähe von Porto Levante könnte ich mir dann ein gutes Bild davon machen, was unzureichende klärtechnische Aufbereitung kommunaler Abwässer für Folgen für die Natur haben kann.

Trübe Aussichten – Das Wasser im Podelta sieht aus, wie es heißt!

In diesem Seitenarm des Podeltas sind das Wasser und das Ökosystem sprichwörtlich „im Ar…“. Mitten in Europa im 21. Jahrhundert einfach nur traurig anzusehen.
Bevor mein wohlverdientes Mittagessen den Rückweg antrat, machte ich mich wieder auf die Socken, nichts ahnend, dass der spannendste Teil der Tagesetappe noch vor mir liegen sollte.
Zunächst gestaltete sich die erneute Betankung der Vespe schwierig, da über etliche Kilometer hinweg keine Tankstelle zu erblicken war. Zumindest keine, die Aussicht auf einen erfolgsversprechenden Betankungsvorgang verhieß.

Ein Hauch von Bates Motel – Eine Tankstelle bei Lido die Spina

Da der Zeiger jedoch erst am Anfang der Reserve angekommen war, beschloss ich zu den Rest bis Ravenna (ca. 30 Kilometer) durchzufahren. Diese 30 Kilometer sollten es noch einmal in sich haben: Der Dauernieselregen paarte sich nun mit kräftigem Stürmböen, die die Vespe auf der SS 309 ein ums andere heftig hin und her drückten. Die Windanfälligkeit des grazilen Vespenkörpers kam hier voll zum Tragen und ich musste mehr als einmal die volle Breite meiner Fahrspur ausnutzen, um die Vespe auf Kurs zu halten. Schließlich erreichte ich in den frühen Abenstunden Ravenna und machte nach dem Check-In in meiner Unterkunft noch einen kleinen Rundgang durch das Centro Storico von Ravenna.

Der Himmel über Ravenna bläst Trübsal

Der Himmel blieb trübe, es regnete fast den ganzen Abend und die Nacht hindurch. Für den nächsten Tag sahen die Prognosen zunächst jedoch besser aus.
Erst ein Jahr später wurde mir klar, warum die Aussichten an diesem Abend so trübe gewesen waren: Ich war mit meiner Vespe unversehends in eine Zona Trafico Limitato (ZTL-Zone) eingefahren, von der es auch ein schönes Foto gibt.
Zum Preis zweier Hotelübernachtungen durfte ich das Maleur – ein Jahr später! – wieder ausgleichen.