Ritorno alla Foresta Nera

Die gestrige Tagesetappe sollte mich über moderate 285 Kilometer aus der Arlbergregion in den Schwarzwald bringen. Dabei wollte ich unbedingt den Bodensee auf der Südseite umfahren (Schweizer Seite), um dem kleinen Örtchen Tägerwilen meine Aufwartung zu machen.

  • weiterer Text folgt –

Al Passo dello Stelvio

Nachdem ich bereits zwei Mal vergeblich Anlauf auf den Passo dello Stelvio genommen hatte (beide Male gesperrt), sollte es im dritten Versuch (am Donnerstag) endlich klappen.
Ich startete bereits früh in den Tag (kurz nach neun Uhr) und arbeitete mich – mit einer kurzen Fotopause bei Pisogne, weil ich sonst nicht viel vom See zu sehen bekam – an der Ostseite des Iseosees in Richtung Norden bis nach Edolo vor.
Dort ließ ich noch einmal die Luft aus dem Tank und wählte die SS 39, die in die 38 übergeht, in Richtung Bormio für die Anfahrt auf den Stelvio, weil ich die Alternativ-Route über den Gavia-Pass bereits vor Jahren abgeritten hatte.
Unter dem Strich ist die Gavia-Route landschaftlich schöner und fahrtechnisch anspruchsvoller, daher eher empfehlenswert. Zudem ist die SS 38 für Vespen unter 150 cbm in Teilbereichen nicht zugelassen.
Wer allerdings im Kanal- oder Tunnelbau beruflich zu Hause ist, hätte sicher seinen Spaß auch an dieser Streckenführung, denn mehrere teilweise kilometerlange Tunnel sind zu durchfahren.
Diese sind zum Teil jedoch sehr spärlich ausgeleuchtet, also „finster wie im Bärenarsch“. Eine größere Herausforderung für die Augen, oder doch eher was für vespazierende Proktologen?
Der Stelviopass selbst ist für den Massentourismus bestens vorbereitet. Allerlei Andenken- und Freßbuden säumen die Passhöhe. Für meinen Geschmack alles ein bisschen viel. Ein zweites Mal muss ich hier nicht hin.
Neben zahlreichen Zweiradfahrern und diversen, recht ansehnlichen vierrädrigen Oldtimern, blieben mir besonders die hochmotorisierten Luxusfahrzeuge (Ferraris, Lambos, Porsches usw.), die teilweise in Kolonnen den Berg rauffahren, in – wenn auch überwiegend negativer – Erinnerung, da diese bedingt durch ihre Auspuffanlagen (Klappensteuerung) einen schier unglaublichen Lärm in dieser sonst so schönen Natur veranstalten.
Was hingegen äußert positiv in Erinnerung bleibt, ist der Wurst-Richard, mit seiner Hirschbratwurst mir Sauerkraut im Vinschgauer. Die schmeckt auf 2.770 Metern trotz der 8€ nochmal um einiges besser. Nach seinen eigenen Angaben steht er bereits seit den 50er Jahren auf der Passhöhe am Grill. Seinem Aussehen nach durchaus glaubwürdig.
Nach der kurvenreichen Abfahrt ging’s weiter über Landeck bis nach St. Anton in Tirol, wo ich für diese Nacht Quartier nahm. Ein kleines (9 qm) Zimmer mit Etagenbad für relativ kleines Geld sollte für diese Nacht reichen. Im Hauptgebäude des Hotels (ich war im Gästehaus untergebracht) rundeten beim Abendessen ein Zwiebelrostbraten und ein größerer Gerstensaft den Tag ab.

Dormi come un re

Die gestrige, erste Etappe in Richtung Heimat war ein echt hartes Stück Arbeit.
Um Viertel nach neun gestartet brauchte ich für die rund 90 Kilometer bis nach Savona etwa zwei Stunden. Dies ist auf der viel befahrenen SS 1 die übliche Zeit. Durchschnittsgeschwindigkeiten über 50 km/h sind kaum zu erreichen.
In Savona dann ein erster kurzer Tank-Stopp und dann ging’s landeinwärts in Richtung Acqui Terme. Die dortige bekannte heiße Quelle (il bollente) macht ihrem Namen alle Ehre und fördert kochend heißes Wasser zu Tage.
Leider liegt das Bauwerk mit dem die Quelle gefasst wurde in einer ZTL-Zone, so dass das geplante Foto (heiße Vespe neben heißer Quelle) nicht realisierbar war. Ansonsten habe ich mich beim kleinen Stadtrundgang kurz gefasst, da das (ehemalige) römische Theater kaum mehr als solches zu erkennen ist und der Uhrenturm gerade in Restaurationsarbeiten steckte.
Die Suche nach meinem Nachtdomizil war dann noch einmal mit ein paar Widrigkeiten gespickt. Rund um Brescia gab es mehrere Baustellen, in die mich mein Ur-Alt-Navi gezielt hinein führte. Auch die Handy-Navigation mit Google half nicht weiter. Also improvisiert und nach Kompaß gefahren und mit etwas Glück sicher angekommen. Meine Unterkunft war einfach königlich (Foto folgt). Einer Empfehlung meiner Vermieterin folgend suchte ich zum Abendessen noch ein serbo-kroatisch-italienisches Restaurant auf. Dort konnte ich mich sogar auf Deutsch unterhalten, da die Grand Dame des Hauses eine Zeitlang in Deutschland gelebt hatte. Mit meinen mageren Italienisch-Kenntnissen kam mit deren Sohn sogar ein rudimentärer Smalltalk zu Stande. Nach dem guten Essen fiel ich kurze Zeit später ins Bett, hatte ich doch wieder über 400 Kilometer TFL zusammen gefahren.

Il principato di Seborga

Nach einem Tag Vespa-Pause, mit ausgiebigem Meer- und Sonnenbaden, war die ungünstige Wetterprognose für den Sonntag Anlass über einen kurzen Giro ins Umland nachzudenken. Primäres Ziel sollte das selbsternannte Fürstentum Seborga im Hinterland von Bordighera sein. Schon am Morgen färbte sich der Himmel kräftig grau, aber ich gab den Optimisten und wählte Shorts, Tank-Shirt und Flip-Flops als Outfit zum sonntäglichen Vespazieren. Wieder sollte die Anfahrt über die Via Aurelia, diesmal bis Bordighera, erfolgen, um dann über Sasso di Bordighera ins hügelige Hinterland zu gelangen. Seborga selbst liegt auf etwa 500 Metern Höhe, die Anfahrt ist kurvenreich und der Straßenbelag italienisch. Unmittelbar an der Gemeindegrenze steht ein kleines Wachhäuschen, in den Nationalfarben hellblau und weiß, was für ein erstes Fotomotiv herhalten musste. Es folgt das gleichfarbige Willkommenschild und nach ein paar Minuten Fahrt erreicht man den Ortskern, an dem sich ein kleiner Parkplatz befindet, auf dem sich die Vespe kostenfrei abstellen ließ. Direkt am Zugang zum zentralen Platz wohnt die regierende Fürstin Nina Döbler-Menegatto, die bajuwarische Wurzeln hat. Das kleine Örtchen ist eher unspektakulär, hat eine typisch mittelalterliche Gebäudesubstanz in teilweise erbärmlichen Zustand. Das ehemalige Außenministerium spricht hier Bände. Geschäftstüchtig wie die Einwohner des Fürstentums sind, verkaufen sie hier allerlei Andenken und Mitbringsel, teilweise zu Mondpreisen (z. B. T-Shirts mit Seborga-Wappen für 35€). Günstig erwirbt man hingegen einen Pass des Fürstentums: Mit nur fünf Euro ist man schon dabei, Unterschrift der „Fürstin“ und Siegel des „Fürstentums“ inklusive. Merkwürdig, im Pass selbst muss alljährlich ein Stempel gesetzt werden, um die „Gültigkeit“ beizubehalten, gegen Gebühren versteht sich. Ein Schelm der Böses dabei denkt! Ich habe den Spaß trotzdem mitgemacht, und bin nun für dieses Jahr mit zwei Pässen versorgt. Wenn ich den Iseran und den Stelvio noch dazu rechne, sollten das mehr als genug. Die kurze Rundfahrt beschloss ich mit einem Abstecher an die Lungomare Argentina in Bordighera, wo ich noch einmal in den mediterranen Wellen trieb, bevor ich leicht bekleidet bei einsetzendem Nieselregen zurück nach Arma die Taggia fuhr. Die frische Brise und der Nieselregen auf der mehr oder weniger nackten Haut während der zwanzig minütigen Rückfahrt waren zwar ein sehr sinnliches Vespa-Erlebnis (meet the elements – Jack Wolfskin ließ grüßen), aber im Hotel gab ich mir dann doch erstmal die extra heiße Dusche.

Circolazione curiosa

Die Geschichte des fünften Reisetags ist schnell erzählt. Von Ponte di Nava bis Arma di Taggia waren nur noch 58 Kilometer abzuspulen. Bemerkenswert auf dieser Kurzstrecke, die trotzdem, wegen der viel befahrenen SS 1 (Via Aurelia), eineinhalb Stunden in Anspruch nehmen sollte, waren lediglich ein auf den ersten Blick sinnfreier Kreisverkehr mitten in der Campagna (Bild folgt) und die Tatsache, dass mir beim Tanken in Imperia mein Helm vom Lenker fiel, und dadurch die Befestigung des Visiers an einer Seite angeknackst wurde. Wobei ich zumindest hoffe, dass es trotzdem bis zum Ende des Giro durchhalten wird. Bei der Ankunft in Arma die Taggia galt es noch einmal verstärkt aufmerksam zu sein, da mein Hotel am Rande einer Zona Traffico Limitato (ZTL) liegt. Vorfahren ging also noch, einmal drum herum kann schnell einen Hunderter kosten (wie ich bereits in Ravenna vor Jahren schmerzlich erfahren musste). Die Vespe steht hier übrigens über Nacht auf einem Zweiradparkplatz vorm Haus auf öffentlichem Grund. Als einzige Eingeborene unter -zig Japanerinnen und Französinnen.

Passaggio doppio

Das der frühe Vogel nicht immer den Wurm fängt, musste mir heute leider schmerzlich eingestehen.
Bereits um acht Uhr war ich zum Frühstück angetreten, hatte anschließend schnell gepackt und so rollten kurz nach neun bereits die Räder von Orbassano in Richtung Limone Piemonte bzw. zum Tenda-Pass.
Die Auffahrt über die Nordrampe läuft auf allerbestem Asphalt und daher leicht bewerkstelligen.
Oben angekommen wird das Geläuf schnell ansprechender und so muss man bei der Anfahrt zum Forte Centrale schon höllisch aufpassen, dass man sich die Reifen ruiniert.
Das Fort selber ist nur mit Kletterkünsten von innen zu besichtigen. Es gibt aber auch so in der Landschaft ein beeindruckendes Bild ab.
Was mir am stärksten in Erinnerung geblieben ist, ist die starke Brise, die hier oben über den Gipfel fegt.
Nachdem ich mich an den Bauruinen satt gesehen hatte, stand der Durchstieg durch den Pass in Nord-Süd-Richtung an.
Bereits an der Einfahrt in den unbefestigten Teil der Südrampe stand ein Schild, auf dem deutlich darauf hingewiesen wird, dass nur zu zwei bestimmten Zeiten (morgens um 6.00 Uhr und abends um 19.00 Uhr) eine Passage möglich ist.
Nachdem ich die Fragestellung der Befahrbarkeit mit einem russischen GS-Fahrer kurz diskutiert hatte, ging ich mit der Vespe ans Werk, der Russe blieb zurück.
Unten angekommen versperrte die Großbaustelle das weitere Vorankommen und selbst meine Italienisch-Kenntnisse und die rote Italienerin an meiner räumten mir keine Sonderwegerechte ein.
Fünf Stunden warten (ab halb acht war die Straße wieder passierbar) wollte ich mir nicht antun. Also innerhalb einer Stunde zum zweiten Mal, diesmal von Süd nach Nord, und dies ging deutlich schneller, über den Pass.
Dabei musste ich mich im unbefestigten Teil durch eine Ziegenherde durcharbeiten, die von zwei grimmigen Hütehunden begleitet wurde. Erst auf ein fröhliches „Buon giorno“ an den Schäfer gab dieser mit mürrischer Handbewegung den Weg durch seine Herde frei.
Den Pass wieder runter bis Borgo San Dalmazzo und über Mondovi und Garessio nach Ormea/Ponte di Nava, wo ich die Nacht in den Bergen im Albergo Ponte di Nava „Da Beppe“ (klare Empfehlung, da auch gutes Restaurant im Haus) verbrachte.

Come fare la benzina

Für den dritten Reisetag stand der Col d’Iseran auf dem Programm. Den höchsten auf einer asphaltierten Straße überfahrbaren Alpenpass erreicht von Aosta aus über einen Zwischenaufstieg über den kleinen Sankt Bernhard Pass. Auch hier ist man auf den internationalen Tourismus bestens eingestellt und bietet die üblichen Mitbringsel zum Verkauf an. In Val d’Isere nutzte ich die Gelegenheit um in dem bekannten Wintersportort, der auch im Sommer gut besucht scheint, die Vespe noch einmal zu betanken. Hierbei unterlief mir ein kapitaler Bock am Tankautomaten, als ich bei der Vorwahl des Tankgeldes vorschnell 100€ bestätigte und doch nur für 13€ tanken konnte. Ob und wie ich das Restguthaben noch verflüssigt bekomme, steht in den Sternen. Ich hoffe, ich kann das im gesamten Avia-Netz noch irgendwie geregelt bekommen. Einigermaßen missmutig ging’s dann auf die Passhöhe. Dort hielt mich fast zwei Stunden auf, und lag mit zwei alkoholfreien Kaltgetränken eine Stunde in einer Sonnenliege auf der Sonnenterrasse des Restaurants La Cascade. Es war erstaunlicher Weise sehr wenig Betrieb, so dass man mal richtig abschalten konnte. Nachdem ich mich ausgiebig erholt hatte, machte ich mich auf in Richtung Orbassano. Im dortigen Hotel Eden wollte ich für die Nacht einchecken. Mit der Navi-Einstellung „Autobahn vermeiden“ wartete noch ein weiteres Reisehighlight auf mich. Die Fahrt über die Passhöhe des Mont Cenis. Die Passhöhe ist mit 2.083 Metern nicht so beeindruckend, aber die Landschaft ist bemerkenswert. Hier legte ich gleich mehrere Foto-Stopps ein. In Orbassano angekommen, fiel mir als erstes die unangenehm hohe Temperatur vor Ort auf. Bei rund 37 Grad im Schatten gab ich mir zunächst eine kalte Dusche und verbrachte anschließend nahezu den gesamten Abend (bis auf einen kleinen Einkauf im nahegelegenen Supermercato) im klimatisierten Hotelzimmer. Selbst als ich um kurz vor Mitternacht noch einmal vor die Tür ging, zeigte das Thermometer noch 30°C an – braucht kein Mensch.

Una borsa nuova

Der zweite Reisetag ging hauptsächlich irgendwo zwischen Zürich und Bern verloren.
Denn bei dem Versuch, Zürich elegant zu umfahren, um über Andermatt Richtung Zermatt durchzustarten, erwies sich mein altes TomTom-Autonavi den Anforderungen des Straßenspaghettis rund um Zürich als nicht gewachsen, so dass ich gleich dreimal der Trägheit des Empfängers zum Opfer fiel und falsch abbog. Zu guter Letzt nahm ich entnervt die Autobahn Richtung Bern, um über Martigny und den Großen Sankt Bernhard Pass ins Aostatal zu gelangen.

Dabei hatte der Tag doch so gut angefangen. Der Besuch des TKE-Testturmes in Rottweil ergab für schlanke neun Euro eine flotte Fahrt (30 Sekunden für 232 Höhenmeter) und weitreichende Aussicht bei bestem Wetter.
Nach der Turmbesichtigung ging’s direkt weiter nach Villingen, um in der dortigen Loisl-Filliale eine Ersatz für die geplatzte Turcano Urbano zu besorgen. Die Wahl fiel auf eine 30-Liter-Gepäckrolle von Moto Detail, die auf der Vespa glücklicher Weise nicht so dick aufträgt.

Nachdem ich bei Zürich bereits Kontakt zur Schweizer Polizei hatte (unerlaubtes Anhalten auf dem Seitenstreifen der Autobahn – auf der ich mich noch nicht wähnte), erreichte ich nach 497 Fahrtkilometern schließlich im Halbdunkel mein Nachtdomizil bei Aosta. Da ich nicht vorab gebucht hatte, nahm ich, was ich kriegen konnte und war letztendlich mit 96€ dabei. Das Hotel Panoramique besticht mit einer schönen Aussicht ins Aostatal, wie ich am nächsten Tag feststellen konnte. Ein gutes Frühstück und ein Garagenplatz für die Vespe waren im Preis immerhin mit drin.

C’era una volta …

Im verflixten siebten Jahr, oder besser gesagt, nach siebenjähriger Reisepause, bin ich mal wieder zu einem Vespa-Reisemärchen gestartet. Bereits nach gefahrenen knapp 150 Kilometern, bei einer ersten Tank- und Trinkpause in Speyer, gab es das erste – negative – Reisehighlight. Meine Tucano-Urbano-Gepäckrolle versagte ihren Dienst. Wie die Wurst aus der Pelle, so platzte der Inhalt meiner Gepäckrolle heraus. Nach gut zehnjähriger Einsatzzeit hatte die Klebeverbindung, mit der der Boden in die Rolle eingeklebt worden war, vermutlich auch infolge der an diesem Tag intensiven rheinhessischen Sonnenbestrahlung, ihren Dienst quittiert. Damit stand für den nächsten Tag bereits ein ungeplanter Programmpunkt fest: Der Besuch einer Loislfilliale, zwecks Ersatzbeschaffung. Die Fahrt selbst in brütender Hitze durch Rheinhessen und Baden, zwischen Mainz und Karlsruhe immer in Rheinnähe auf der B9 entlang, wurde erst ab Rastatt richtig schön, als die Querung des Schwarzwalds über Gaggenau und Freudenstadt anstand. Nach fünfstündiger quasi non-stop-Fahrzeit und 321 Kilometern Tagesfahrleistung hatte ich mein Nachtlager in Deißlingen erreicht, nicht ohne zuvor schon einen ersten Schnappschuss vom am Folgetag anstehenden Programmpunkt gemacht zu haben. (Bilder folgen)